Um die digitale Transformation im Unternehmen erfolgreich umzusetzen ist es erforderlich eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln. In Deutschland haben 55% aller mittelständischen Unternehmen laut eigener Aussage keine Digitalisierungsstrategie (vgl. Bülchmann, 2017 S. 23). Dabei beschreibt die Strategie das genaue Vorgehen, wie das Unternehmen die digitale Transformation bestreiten will. Das alleinige Mitteilen der entworfenen Strategie an die einzelnen Abteilungen und Mitarbeiter reicht dabei nicht aus, sie muss von den Führungspositionen gelebt werden (vgl. Wieland Appelfeller, 2018 S. 194).
Unternehmen, die bisher noch keine Erfahrung mit Digital Business haben, sollten einen CDO (Chief Digital Officer) etablieren. Dies ist vor allem aus dem Grund wichtig, da die digitale Transformation nachhaltig im Unternehmen eingeführt werden soll, weshalb es zudem ratsam ist den CDO direkt auf Geschäftsführerebene zu positionieren (vgl. Boeselager, 2018 S. 11).
Anhand einer SWOT-Analyse (Abb. 1) lassen sich die Vor- und Nachteile eines CDOs erkennen, wobei die Vorteile stark überwiegen. Stärken und Schwächen hingegen gleichen sich nahezu aus.
Neben dem CDO muss im Team auch ein Verantwortlicher für die Prozesse vorhanden sein, denn für eine geeignete Digitalisierungsstrategie muss in die Planung eine ausführliche Analyse der bestehenden Prozesse aufgenommen werden. Unpräzise und nicht strukturierte Prozesse werden durch die Digitalisierung nicht automatisch behoben, dies muss aktiv durch eine Person vollzogen werden (vgl. Stefan Krause, 2018 S. 196ff).
Auch die Auswahl von Software- oder IT-Lösungen sollte in der Strategie berücksichtigt werden. Von großem Vorteil ist, wenn die Architektur bei neu ausgewählten Anwendungen bzw. Systemen offen ist und über eine API verfügen. Dadurch wird eine Flexibilität ermöglicht und externe Services können mit in das Unternehmen aufgenommen werden (vgl. Boeselager, 2018 S. 14f). Aber nicht nur die technische Sicht soll dabei berücksichtigt werden, sondern auch der Faktor Mensch. Dieser muss später mit den neudefinierten Prozessen, Abläufen sowie Software- und IT-Lösungen arbeiten. Ängste müssen dabei abgebaut werden. Hier ist es wichtig, dass Führungskräfte die klare und offene Kommunikation mit den Mitarbeitern in die Strategie aufnehmen. Auch sind der Wissensaufbau und die Weiterbildung in den Strategieüberlegungen zu verankern. Nur durch die aktive Einbeziehung der einzelnen Mitarbeiter können diese als Treiber für die digitale Transformation im Unternehmen eingesetzt werden. Des Weiteren muss eine Kultur des Fehlerzulassens geschaffen werden, um so neue innovative Ansätze und Produkte zu erhalten und umsetzen zu können (vgl. Stefan Krause, 2018 S. 196ff).
Um eine gute Strategie zu entwickeln sollte das Unternehmen sich folgende Fragen stellen:
„1. Nutzung von Technologien: Welche Technologien sind von zentraler Bedeutung für das Unternehmen? Welche Ambition ist mit dem Einsatz von neuen digitalen Technologien verbunden? Welche Anpassungen sind an der eigenen IT-Landschaft erforderlich?
2. Veränderungen der Wertschöpfungsstruktur: Mit welchen digitalen Angeboten und Prozessen werden zukünftig Erlöse generiert?
3. Veränderungen der Organisationsstruktur: Wie wird das Digitalgeschäft aufgebaut und geführt, welche strukturellen Anpassungen sind im Unternehmen noch erforderlich?
4. Finanzieller Rahmen: Welche Implikationen hat der digitale Wandel auf das Ergebnis? Welche Investitionsmittel stehen zur Finanzierung des digitalen Transformationsvorhabens zur Verfügung?“ (Hess, 2019 S. 47)
Aus den gesammelten Antworten kann dann eine geeignete Transformationsstrategie abgeleitet werden.
In Abbildung 2 werden die drei Transformationsstrategien für den Bereich der Geschäftsprozesse dargestellt. Bei der Veränderung (Digitalisierung) der Markterschließung handelt es sich um die Verbesserung von, unter anderem der Ablauf- und Prozessorganisation, IT-Infrastruktur oder Logistik. Die Veränderung (Digitalisierung) der Geschäftsprozesse befasst sich damit, wie bereits existierende oder neue Produkte oder Dienstleistungen an bestehende oder neue Kunden durch digitalisierte Wege angeboten werden können. Bei der disruptiven Veränderung des Geschäftsmodells geht es um die komplette Umstrukturierung und Neugestaltung des Geschäftsmodells. Während die Innovation den Markt nicht gänzlich neu ordnet, ist die Disruption auf grundlegende Veränderung aus (vgl. Sascha Kugler, 2018 S. 4f).
In die Transformationsstrategie sollte ebenfalls die Möglichkeit von Pilotierungsprojekten berücksichtigt werden. Diese sollten in Organisationen bzw. mit Prozessen oder Abläufen durchgeführt werden, die eine Signalwirkung haben. Diese Signalwirkung kann durch das Erreichen von schnellen und sichtbaren Ergebnissen erzielt werden. Dies fördert bei den Mitarbeitern die Akzeptanz für die digitale Transformation. Für zukünftige Digitalisierungsprojekte ist dies von großem Vorteil. Wichtig ist, um die Ergebnisse messbar zu machen und den Transformationsprozess zu verfolgen, Kennzahlen aufzustellen. Auch hier sollte berücksichtigt werden, dass Fehler, aber auch ein Scheitern passieren darf (vgl. Wieland Appelfeller, 2018 S. 194f).
Die Transformationsstrategie wird dann entlang einer Roadmap aufgestellt. Mit dieser Roadmap, die insgesamt fünf Phasen beinhaltet, hat sich vor allem Daniel R.A. Schallmo in unterschiedlichen Literaturen beschäftigt. Nachfolgend wird diese beschrieben (vgl. Schallmo, 2019 S. 23ff):
Digitale Realität
Diese Phase befasst sich mit der Analyse der Geschäftsmodelle. In die Analyse fallen auch alle Akteure, die am Geschäftsmodell partizipieren. Für die einzelnen Dimensionen (Kunde, Nutzen, Wertschöpfung, Partner, Finanzen) wird der Digitalisierungsgrad dargestellt. Dabei ist vor allem der spätere Nutzen entscheidend bei der Überlegung der Ausrichtung der späteren digitalen Transformation.
Digitale Ambition
In dieser Phase werden Ziele festgelegt und die Geschäftsmodell-Dimensionen priorisiert. Diese Priorisierung erfolgt nach vier Kategorien:
Zeit: Schnelle Lieferung, schnelle Produktion
Raum: Vernetzung von Maschinen und Geschäftspartnern, Automatisierung
Finanzen: Umsatzsteigerung, Kosteneinsparung
Qualität: Prozessqualität, Beziehungsqualität, Produktqualität
Digitale Potenziale
Hier werden Best Practices herangezogen, um die eigenen Geschäftspotenziale auszubauen. Dazu zählen die der eigenen Industrie, wie auch die, von anderen Industrien. Dies geschieht unter Einbeziehung von Enablern:
Digitale Daten: Werden für Auswertungen und Vorhersagen erfasst und ausgewertet
Automatisierung: Systeme und Maschinen werden automatisiert
Digitaler Kundenzugang: Kunden wird ermöglicht auch beispielsweise über das Smartphone mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten
Vernetzung: Wertschöpfungskette wird komplett vernetzt
Dabei sollte bedacht werden, welche Prozesse digitalisiert werden sollen und wie die Enabler eingesetzt werden können, um die Prozesse zu verbessern.
Digitaler Fit
Aus den vorherigen Phasen resultieren Optionen, die nun miteinander kombiniert werden sollten. Hier muss evaluiert werden, welche Kombinationen sich am besten eignen, dies muss für alle Geschäftsmodell-Dimensionen erfolgen. Dies kann durch eine Scoring Tabelle erfolgen. Anhand der einzeln erlangten Scores kann eine Priorisierung erfolgen.
Digitale Implementierung
In der letzten Phase wird das Geschäftsmodell im Unternehmen eingeführt. Für den Erfolg muss ein Projekt- und Maßnahmenplan erstellt werden. Außerdem müssen Rollen nach ihren Fähigkeiten verteilt werden. Auch dies muss unter Berücksichtigung der Geschäftsmodell-Dimensionen betrachtet werden.
Auch für die Organisation muss eine geeignete Strategie getroffen werden, um die Mitarbeiter bei der digitalen Transformation abzuholen und mitzunehmen. Dies kann durch das Change Management erfolgen.
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